Mein Baritonsax-Setup

Georg Böhme mit Conn 12M Baritone Sax
Georg Böhme mit Conn 12M Baritone Sax

 http://soundcloud.com/georg-boehme

 

Ich spiele seit vielen Jahren ein Conn 12M Baritonsaxophon ("Ladyface" oder auch "Crossbar"), Seriennummer 339xxx, also etwa Baujahr 1950 - vielleicht das beste Baritonsax, das je gebaut worden ist, und jedenfalls eines der berühmtesten.

Wer jemals Harry Carney auf diesem Horn ein tiefes D hat spielen hören, riskiert es, angefixt zu werden (überall bei Ellington zu hören, bei dem er 47 Jahre lang spielte, Hörtip: einfach mal einen ganzen Sonntagnachmittag mit der berühmten Band von 1941/42 mit Jimmy Blanton und Ben Webster verbringen). Auch Danny Bank, der immer dann, wenn die Saxophonsätze der Bigbands von Charlie Barnet, Benny Goodman, Tommy Dorsey, Artie Shaw oder Jimmy Dorsey besonders voluminös klangen, seine Finger im Spiel hatte, spielte dieses großartige Baritonsaxophon, auch auf den tausenden Studioaufnahmen, die er eingespielt hat (für die tiefen A's hatte er ein Selmer dabei, erzählt er...). (Plattentip: Gene Krupa Big Band plays Gerry Mulligan Arrangements, 1959)

 

Außerdem spielte der geniale Britishman Ronnie Ross dieses Horn (war schon jahrzehntelang im Geschäft, als er die Bari-Soli für Matt Bianco einspielte), heute leistet neben anderen Scott Robinson Großartiges, der in der Bigband der überaus verehrungswürdigen Maria Schneider den Baritonstuhl besetzt (auch zu hören auf - heiße Plattenempfehlung für Baritonisten - : "Bob Brookmeyer - New Works - Celebration"). Es ist sehr schade, dass dieser ausgezeichnete Musiker noch ein Dutzend Instrumente genauso gut spielt...

Dieses Horn ist auch die Wahl von Gary Smulyan (z.B. Dave Holland Bigband)  - und nicht zuletzt spielte der große Chef himself, Gerry Mulligan, von Anfang bis Ende seiner Karriere ein Conn Bariton (es gibt bei Youtube hinreißende Videos aus den 90er Jahren, die ich nur empfehlen kann!).

 

Davon abgesehen sieht dieses Baritonsax durch seinen langen S-Bogen und seine großzügige Mensur einfach unglaublich gut aus... und lässt sich bequem wie ein Tenorsax halten (und ist für ein Bari relativ leicht). Bisher habe ich jedenfalls noch kein anderes Bari in den Händen gehabt - Mark VI eingeschlossen -, das ich gegen das 12M tauschen würde -  und es ist eines der Hörner, die wirklich singen können - ein echter Crooner mit einer enormen Ausdrucksbreite und -stärke. Wer allerdings nur gelegentlich Bari spielt, ist mit einem Yanagisawa oder ähnlichem besser bedient. Übrigens gibt es einen Trick für das mittlere E, das deutlich zu hoch ist (ein schmutziges Geheimnis beim Conn): wenn man die Tief-Cis-Klappe zusätzlich öffnet, stimmt der Ton (ein goldener Tip für lange Liegetöne in Balladen...).

Von Stephen Howard gibt es auf seiner ungemein kenntnisreichen, interessanten  und unterhaltsamen Webseite einen Artikel zu dem jüngeren Bruder dieses Instrumentes, das aber im Grunde die gleiche Konstruktion ist:

http://www.shwoodwind.co.uk/Reviews/Saxes/Bari/mexiconn_12m.htm

 Dieses Horn hat einen unglaublich guten Sound, es hat allerdings zwei Nachteile:

1. Es ist ein "kurzes" Bari, d.h. es gibt kein tiefes A, beim B ist Schluss. Das spielt bei den meisten klassischen Bigband-Arrangements keine große Rolle, da bei Basie z.B. keine tiefen A's vorkommen (Charlie Fowlkes spielte lange dieses Horn), oder ohnehin von der Bassposaune gedoppelt werden. Bei Mintzer und moderneren Sachen kann es aber leider ein Problem werden. Und bei "Tower of Power" und ähnlichem wächst es sich zu einem echten Handikap aus. (Notfalls kann man sich ein tiefes A basteln:  www.shwoodwind.co.uk/HandyHints/Bari_extension.htm; man hat dann allerdings kein tiefes B und H mehr...)

2. Die Konstruktion der Mechanik stammt aus den frühen 30er Jahren, und das wirkt sich natürlich auf die Action aus. Allerdings gewöhnt man sich daran, dass die Mechanik für den linken kleinen Finger offline gebaut ist, und wenn man das Horn seinen Händen sorgfältig anpasst (etwas Kork unterm Daumenhaken und den Seitenklappen links (Palm Keys), deren Federn im übrigen auch härter eingestellt werden sollten, damit der Spieler sie nicht unwillkürlich aufdrückt; Eliminierung toter Wege bei den linken Kleinfingerklappen) ist da noch einiges zu holen, und nach einiger Zeit passt das Horn wie angegossen. Tückisch ist übrigens die Konstruktion und die Einstellung der Oktavklappe.

Baritonsaxophonmundstücke: 

Ich spiele grundsätzlich nur Ebonitmundstücke, weil ich das Metallgefühl im Mund nicht mag..., und seit etwa Dezember 2015 spiele ich das Mundstück, nach dem ich 25 Jahre gesucht habe. Ich gehöre zu den Typen, die immer alles auf einem Mundstück spielen, zu den verflossenen Liebschaften gehören: Lawton 6, Otto Link 7*, Meyer 8, Vandoren B9. The Winner is: ein stinknormales 7er Otto Link. Es lässt sich so einfach spielen wie ein (gutes) Tenormundstück (sich spielen lassen sollte...), spricht in allen 3einhalb Oktaven mit dem richtigen Widerstand an, macht die Intonation nicht zur Arbeit und zickt bei den Blättern nicht so rum wie die anderen Kandidaten.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass in der Aufzählung ein Link erwähnt wird, ein etwas muffiges Teil... und selbstverständlich habe ich im Laufe der Zeit einige Links ausprobiert. Und das heißt leider: nur eingeschränkte Kaufempfehlung; wenn sich an den enormen Qualitätsschwankungen der handelsüblichen Mundstücke nichts geändert hat, dann heißt das nur, dass man mit Glück von Otto Link ein ausgezeichnetes Baritonsaxophonmundstück bekommen kann. Dieses Exemplar lag nigelnagelneu im Laden, ich war der Erste, der es angeblasen hat...

Ich habe allerdings neulich (Feb 2020) noch ein ein 7* gekauft, das noch ein wenig sportlicher daherkommt, allerdings auch deutlich mehr Unter"Stütz"ung braucht.

 

Das Vandoren V16 B9 funktioniert auch ganz gut... aber offenbar ist die Kammer zu klein: ein Streifen Papier muss das Ding auf den letzten zwei Zentimetern des S-Bogens halten (im Gegensatz dazu sitzen die Links gut), das macht die Intonation nicht einfacher... und über die Blattklammer habe ich mich ziemlich geärgert: weil auf dieses Mundstück keine andere passt, erwirbt man eine Kostbarkeit (70€), deren schlampige Vergoldung nur wenige Wochen hält und vor allem auf der Innenseite Platz für krümelige Oxide macht (wer sich ein wenig für Kunstgeschichte interessiert, weiß dass eine anständige Vergoldung jahrzehntelang Wind und Wetter trotzt). Und eigentlich ist es auch einen Ticken zu weit: durch die ingeniöse Konstruktion der Schraube mit gegenläufigem Doppelgewinde kann man die Klammer nicht einfach so festziehen, wie man möchte...

 

Auf den meisten Bildern ist eine Blattklammer von Francois Louis zu sehen, deren Tenorvariante aber besser funktioniert. Ich spiele jetzt wieder mit einer stinknormalen Blechklammer (mit den Schrauben nach oben), die Saxophonblätter von Rico Royal, Stärke 3,5 oder 4, die ich 30 Jahre lang gespielt habe, haben leider keine akzeptable Qualität mehr. (Die Firma Rico ist 2016 von D'Addario übernommen worden; nachdem die Blätter in D'Addario Royal umbenannt worden sind, haben sie einen starken Qualitätsverlust erlitten.) Also spiele ich seitdem Rigotti Gold Jazz 2,5; Die Eigenschaften der einzelnen Blätter erscheint mir deutlich gleichmäßiger als bei Vandoren oder Hemke.

 

In jeder Hinsicht empfehlenswert für alle Saxophonisten, und mit einem sehr erhellenden Kapitel über die Blätterbearbeitung ist das Buch "Der persönliche Saxophonsound" von David Liebman!!!

 

Eine tolle Webseite für alle Baritonsaxophonisten ist www.jazzbarisax.com! Mit unzähligen Artikeln über berühmte und weniger berühmte Baritonsaxophonisten, Instrumente, Mundstücke etc., und Transkriptionen gibt es auch.